Hoffmanns Büdchen (61) – Hoffmanns Opa

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Herr Hoffmann steht hinter seiner Theke. Gegenüber bringt gerade die alte Dame wie jeden Morgen ihren Müll heraus und über der Schule auf der anderen Straßenseite liegt eine nervöse Ruhe. Eine Lehrerin erzählte ihm gestern, es seien Klausuren, und heute spürt Herr Hoffmann den Prüfungsdruck in der Luft liegen – die schaurige Lateinklausur, die sich wie das Sofakissen auf des Schülers Gesicht legt, ihm langsam die Luft nimmt.

Herr Hoffmann holt leicht theatralisch Luft. Er erinnert sich noch genau an seine Schulzeit. Die Angst, wenn wieder Klausuren anstanden. Herr Hoffmann war kein schlechter Schüler. Aber dieser Druck, das erwischte irgendwann jeden. „Das gehörte leider dazu“, flüstert Herr Hoffmann.

Draußen vor dem Büdchen spielen ein paar Kinder auf dem Bürgersteig Verstecken, das vielleicht älteste Spiel der Menschheit. „Ach, Kinder“, flüstert Herr Hoffmann und schämt sich ein wenig für sein „Ach Kinder“, weil es sich nach seinem eigenen Opa anhört und Herr Hoffmann nun wirklich nicht nach seinem eigenen Opa klingen will. „Ach Kinder. Wie bescheuert ist das denn“, sagt Herr Hoffmann zu sich selber. „Was sollen die denn sonst machen? Saufen? Oder…“ Herr Hoffmann kann seinen Gedanken nicht mehr beenden. Das Türglöckchen läutet.

„Hallo Herr Hoffmann.“

Es ist Michael. Stammkunde. Schnapstrinker, BILD Leser, notorisches Pleite.

„Michael“, kürzt Herr Hoffmann die Begrüßung ab. Er mag Michael, aber der Anfang Vierzigjährige wird für den Büdchen Besitzer mittlerweile teuer.

Michael geht zum Schnapsregal, nimmt sich einen Westfälischen Korn, er geht an der Theke vorbei, schnappt sich eine BILD und geht wieder Richtung Kiosk Tür.

„Schreibste an, Herr Hoffmann?“

So unverschämt war er noch nie, denkt Herr Hoffmann.

„Herr Hoffmann?“

„Mhhh?“

„Schreibste an?“ Michael steht schon in der Tür. Draußen rennt eines Kinder am Büdchen vorbei. Herr Hoffmann nickt leicht.

Tschüüüüßß, flötet Michael noch.

„Ja, tschüß“, sagt Herr Hoffmann. Noch.

Herr Hoffmann steht hinter seiner Theke. Er schämt sich gerade. Weil er den Mund nicht aufkriegt. Er schämt sich richtig.

„Ach Herr Hoffmann“, sagt er aufrichtig niedergeschlagen. Er ist wirklich…

…wie sein Opa.

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