Herr Hoffmann steht hinter seiner Theke. Er hört UKW auf einem alten Radio, was er auf dem Speermüll gefunden hat. Sein Stammkunde Lukas wird wieder zetern, dass Herr Hoffmann altbacken ist, aber der Kiosk Betreiber lässt sich sicher nicht von seinen Kunden UKW, LP oder MC verbieten. „Soweit kommt es noch. Mir vorzuschreiben, wie ich Nachrichten oder Musik höre. Lächerlich“, sagt Herr Hoffmann zu sich selber (Büdchen Talk nennt er diese Selbstgespräche).

Auf UKW laufen die Nachrichten. Der Ministerpräsident des Landes sagt gerade, dass er eine grüne Seele hat, aber auch ein Herz für den Bergbau. „Sind wir nicht alle ein bisschen schizophren?“, sagt Herr Hoffmann im Büdchen Talk Modus, da läutet das Türglöckchen. Ein Kunde betritt den Laden. Mitte Fünfzig, Leinenhose, Segelschuhe, Polohemd. Ein leichter Kaschmir Pullover liegt über den Schultern, legér vor der Brust zusammengebunden.

Der Kunde möchte eine Packung Kaugummis, Menthol. Er sagt, er habe mal geraucht, aber er ist Arzt. „Als Arzt bin ich auch Vorbild“, sagt der Arzt. „Ah“, sagt Herr Hoffmann und nickt kundenfreundlich.

„Freiwilliger im Impfzentrum“, führt der Arzt weiter aus. „Ah“, sagt Herr Hoffmann.

„Ja, ich helfe gerne. Auch wenn ich auf der Straße ein Unglück sehe. Ich versuche immer zu helfen.“ „Sehr gut.“ Herr Hoffmann nickt freundlich.

„Erst gestern konnte ich bei einem Fahrradunglück helfen.“ „Oho“, sagt Herr Hoffmann.

„Ja, war aber nicht schlimm. Schnell eine stabile Seitenlage und dann die 110.“ “Hui“, sagt Herr Hoffmann.

„Ohne uns Ärzte wäre das alles sehr schlimm geworden.“ „Ja, das wäre sehr schlimm geworden“, wiederholt Herr Hoffmann.

Der Arzt bezahlt seine Kaugummis. Menthol, wie gesagt.

„Wenn die Menschen mehr auf uns Ärzte hören würden, gehe es allen besser,“ erklärt der Arzt dem einfachen Büdchen Kaufmann. „Ja, so ist das“, bestätigt Herr Hoffmann.

Plötzlich hören sie draußen Lärm. Herr Hoffmann und der Arzt schauen raus. Vor dem Kiosk hat sich eine junge Frau, ein Teenie Mädchen, mit ihren Rollschuhen auf den Asphalt ausgestreckt. „Mein Gott“, schreit der Arzt und rennt aus dem Büdchen. „Ich bin Arzt. Wird hier ein Arzt benötigt?“, brüllt er noch im Laden, vergisst in der Eile sogar sein Wechselgeld.

Doch leider ist er zu spät. Zwei andere Ärzte haben sich vor Hoffmanns Arzt auf die frische Patientin gestürzt.

„Hilfe“, hört Herr Hoffmann das Mädchen rufen, die zuerst nicht begreift, dass man ihr doch nur helfen will.

Herr Hoffmann schmunzelt. er schaut auf das vergessene Wechselgeld des Kunden. Zuerst überlegt er, ob er es dem Arzt nachträgt, doch dann schmeißt er es in das kleine Sparschiffchen auf der Theke. “Spenden für Seenotopfer” steht auf dem Schiffchen. “Hier in Münster sollte man nie die Seefahrer vergessen”, sagt Herr Hoffmann und einen kurzen Moment muss er an seinen Vater denken, an den alten Piraten, aber das ist eine andere Geschichte.