Hinz und Kunz 
Hinz Was doch die Großen alles essen!
Gar Vogelnester; eins, zehn Taler wert.
Kunz Was? Nester? Hab' ich doch gehört,
Daß manche Land und Leute fressen.
 Hinz Kann sein! kann sein, Gevattersmann!
 Bei Nestern fingen die denn an.   
 (Gotthold Ephraim Lessing) 

Herr Hoffmann steht hinter seiner Theke. Draußen vor seinem Kiosk hängen Hinz und Kunz ab. Herr Hoffmann verdreht die Augen. „Jetzt ist es also soweit“, flüstert er. Hoffmanns Büdchen ist Szene Treffpunkt. Bald werden Horden von Jugendlichen, Schüler_innen, Student_innen, Linksalternativen, Umwelt- und Klimaaktivistinnen vor seinem Büdchen rumhängen, Bier trinken, kiffen, Drogen nehmen, Demos planen. In den Zeitungen schreiben sie, Teile, der durch den Kohlebergbau radikalisierten, denken schon über eine grüne RAF nach. „Na, Prost Mahlzeit“, sagt Herr Hoffmann zu sich selber.

Das Türglöckchen läutet.

„Hallo Herr Hoffmann. Ich nehme mir mal zwei Bier für mich und Kunz“, grüßt Hinz und kommt mit einem kalten Windzug ins Büdchen.

Herr Hoffmann nickt. „Wenn erst einmal Hinz und Kunz bei dir im Kiosk Bier trinken, dann ist Schluß mit der Ruhe“, sagte letztens Herr Ärmel. „Dann ist ihr Büdchen kein Denkerstübchen mehr, sondern eine Disko“, drohte der pensionierte Angestellte des Bauordnungsamts.

„Herr Hoffmann, so ein bisschen Musik draußen wäre auch schön“, lächelt Hinz und nimmt sich das Bier aus dem Kühlschrank. „Bisschen Electro und vielleicht auch mal, was zum Sitzen.“

„Ich schau mal“, sagt Herr Hoffmann verkniffen.

Hinz lacht laut. „Denkerstübchen zu Electro Büdchen, Herr Hoffmann. Das ist die Parole.“

Herr Hoffmann kann gar nicht so viele Augen verdrehen, wie er eigentlich möchte. „Die Zeit der Ruhe ist vorbei“, flüstert der Büdchen Betreiber und seufzt. Er weiß, Hinz und Kunz sind nur der Anfang. Heute die Beiden und morgen Otto Normalverbraucher, Lieschen Müller und Markus Möglich.