Münster, Montag, 13 Uhr. Ich sitze im Regie-Raum des Kulturzentrums cuba und fülle einen digitalen Fragebogen aus, der mir vom Literaturmuseum Nottbeck zugesendet wurde. Vor ein paar Wochen haben sie einen Poetry Clip mit mir gedreht und jetzt wollen sie das Video auf ihre Seite stellen und noch ein paar Infos zum Autor hinzufügen.

Einer der Fragen lautet:  Wer sind deine Lieblingsautor*innen? Das ist eine gute Frage. Ich bin immer versucht, Schriftsteller zu nennen, die nicht meine Lieblingsautoren sind, aber deren Nennung eine Menge Intelligenz ausdrücken:  Zum Beispiel russische Romanautoren oder einen serbokratischen Lyriker und Performancekünstler, der nur einem kleinen Insiderkreis bekannt ist. Das wäre aber gelogen, da sie nicht meine Lieblingsautoren sind. Überhaupt wechselt mein Lieblingsautor täglich. So lese ich gerne Bücher von Sven Regner oder Heinz Strunk, aber nur wenn ich am Strand liege und mich mit leichter Kost unterhalten will, ohne viel nachzudenken. Manchmal lese ich auch gerne Charles Bukowski oder Henry Miller, aber nur wenn ich schwermütig bin und eine Bestätigung brauche, dass Alkohol nicht der Teufel der Menschheit ist. Letztens habe ich “Tod in Venedig” von Thomas Mann gelesen und war begeistert. Aber man kann doch nicht schreiben, dass man Thomas Manns Texte mag, ohne als kompletter Langeweiler zu zählen. Navid Kermani zu nennen, drückt auf jeden Fall eine Menge Bildung aus und ich habe schon mal Kermani als Antwort geschrieben. Nur habe ich noch nie eine Zeile von Kermani gelesen. Ich habe es mir aber fest vorgenommen.

Es ist wirklich eine sehr schwere Frage. Heute, also jetzt gerade würde ich antworten: René Goscinny. Goscinny hat “Der kleine Nick” geschrieben und das ist wirklich ein tolles Kinderbuch. Vielleicht werde ich morgen René Goscinny schreiben. Fragebögen und Vorlieben-Listen sind klasse, aber eine wahre intellektuelle Herausforderung.

Lieblingsfarbe, Lieblingsmusiker, Lieblingsschauspieler, Lieblingsort. Es gib nie nur eine Antwort bei diesen Fragen,  außer vielleicht bei der Frage nach dem Alter. Wie alt bist du? Ich bin sechsunddreizig. Hier lüge ich gerne. Besser wäre  auch die Frage: Wie alt möchtest du gerne sein? Ich möchte gerne sechszehn sein. Nein, ichmöchte gerne achtzig sein.

Das Feld Lieblingsautor habe ich heute leer gelasssen. Das war vielleicht ein Fehler, vielleicht aber auch die einzig richtige Antwort.